Achtung: Literatur!


Buchlesung
Originally uploaded by Marvin261.

Diese Woche war ich bei einer Autoren-Buchlesung. Seit ich meine Fibel in der ersten Klasse durchgelesen hatte bin ich eigentlich ein Fan vom selber lesen und gehe deshalb zu keiner derartigen Veranstaltung. Aber dieses Mal lagen die Dinge anders: Ich war der Organisator.

Unsere hiesige Stadtbücherei wird derzeit nur von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen am Laufen gehalten, deren eine ich bin.

Justament zum Zeitpunkt als auch die restlichen Vertretungen im Urlaub oder krank waren, klingelte das Telefon und ich bekam das Angebot einer kostenlosen Autorenlesung im Rahmen der „Thüringer Literaturtage“. In Zeiten klammer Kassen, deren erste Leidtragende ja immer die kulturellen Angebote sind, sagt man da nicht nein – selbst wenn Boris Becker zum vorlesen gekommen wäre. Und so saß ich im Boot.

Das Thema des Buches versprach viel Kurzweil, beschäftigte sich doch der Autor anhand amüsanter Geschichten mit einer selbst erstellten roten Liste von Gegenständen, die vom Aussterben bedroht sind und die von den älteren Generationen bis in meine hinein noch erlebt wurden. Entsprechend war auch dann die altersmäßige Zusammensetzung des Auditoriums. Der Fahrstuhl im Hause – sonst eher ein Stehstuhl, da er nur über eine Etage geht – wurde eifrigst genutzt.

Für mich war die Veranstaltung der Abschluss eines sogenannten „Scheilado“ – so werden bei uns die „Scheisslangen Donnerstage“ abgekürzt, an denen von 8 – 18 Uhr Kernarbeitszeit ist. Um 18 Uhr trällerte es im ganzen Haus „Schönen Feierabend! … Bis morgen dann …“ Nur ich blieb allein zurück, und es wurde still…. Trotz eifrig gerührter Werbetrommel blieb die bange Frage: Wer kommt donnerstags 19 Uhr bei Hochsommerwetter zu einer Buchlesung? Ich sage nur: Wenn ich die freie Wahl gehabt hätte ….. nunja …. Der von mir auserkorene Saal fasst jedenfalls 100 Leute.

Der Autor (im richtigen Leben Journalist bei einer großen Thüringer Zeitung) traf als erster ein und im Geiste sah ich ihn in dem riesigen Saal vor fünf Leuten …. Aber nach einiger Zeit kamen tatsächlich einige Interessierte, die meiner heimlichen Dankbarkeit gewiss sein konnten. Am Ende war der Saal zu 21 Prozent gefüllt.

Der Teppichklopfer war Star der ersten Story, die von den Zuhörern noch mit zurückhaltendem Interesse verfolgt wurde, doch schon die Zinkbadewanne und das Leibchen waren Grund für verstohlenes Kichern und eine ältere Dame wusste sogar noch über die Reihenfolge zu berichten, in der sie, ihre Eltern und Geschwister eine Füllung besagter Badewanne mehr oder weniger gesäubert verließen. Bei der Plumpsklo-Geschichte gab es dann kein Halten mehr und es wurde herzhaft gelacht …

Zum Schluss konnte man noch das vorgestellte Buch inklusive Widmung erwerben. Ich ließ den Gästen den Vortritt und beschloss, ebenfalls ein solches Büchlein meinem Regal daheim einzuverleiben als noch zwei Leute vor dem mit drei Buchexemplaren bestückten Verkaufstisch standen. Aber es kam, wie es immer kommt, so dass ich die Käuferin vor mir sagen hörte: Mir bitte zwei, ich möchte eins verschenken.“

Na wenigstens hatte ich ja etwas daraus vorgelesen bekommen!

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Die Diktatur der Frühaufsteher

Eigentlich bin ich ja viel zu müde um hier etwas zu schreiben. Und das kam so:

Gerade wollte ich die tolle Prinzessin von ihrem schrecklichen Schicksal erlösen als die hupende Hexe auf ihrem Cabrio-Besen uns störte. Das Schloss, die Prinzessin, die Hexe – alles verschwand und zurück bleibt nur dieser furchtbare Hupton …

Wo bitteschön ist Amnesty International, wenn man sie braucht?!! Weiß man nicht spätestens seit den neuesten Skandalen um Guantanamo und Abu Ghraib, dass Folter und derlei Instrumente verboten sind??? Naja, zum Glück genügt ein Schlag auf den Wecker um ihn abzustellen. Wie jeden Morgen liege ich völlig verschreckt und paradoxerweise genauso müde herum und warte. Darauf, dass ich wach werde. Aber wie jeden Morgen vergebens. Außerdem bin ich nun sicherlich taub.

Einziger Trost, dass mein Wecker kein Radio ist und einen ewig gutgelaunten Moderator sein „Guten Moooorgen, die Sonne scheint!“ in meine armen Ohren brüllen lässt. Also freue ich mich über diese glückliche Fügung und schäle mich aus dem Bett. Durch das offene Fenster und am Grauschleier vor meinen Augen vorbei kann ich erkennen: Die Sonne scheint tatsächlich. Ich kann auch wieder hören! Und zwar meine Nachbarin Frau Hubschmidt, die einer unsichtbaren Person erklärt, was sie an diesem Morgen schon alles angestellt hat. „Ja, was soll ich denn tun, wenn ich seit fünf kein Auge mehr zubekommen habe!“ – Gut, dass ich keine Waffe besitze. Und der Frau ein Buch aus meinem Regal an den Kopf zu werfen, bringe ich nicht übers Herz. Wegen dem Buch. Und weil mir noch der Elan fehlt.

Frau Hubschmidt ist plötzlich in Eile, weil der Supermarkt gleich öffnet. Die Öffnungszeit des Marktes ist auch mein Arbeitsbeginn. Ich stürze ins Bad …

Die erste Ladung Zahnpasta geht an der Bürste vorbei ins Waschbecken. Wenn ich doch nur diese verdammten Augen aufbekommen würde!

Minuten später lasse ich in höchster Eile die Wohnungstür hinter mir. Ich bin nicht wirklich beunruhigt, denn bis hierher ist es Routine … bis ich zwei Treppenstufen später vor Frau Bosemann stehe, die gerade hingebungsvoll die Treppe mit einem Lappen traktiert. Sicher war sie extra zeitig aufgestanden, damit sie – wie alle Rentnerinnen – vor Sonnenaufgang mit der Hausarbeit fertig ist. Pech gehabt, die Sonne scheint aber schon!

Nachdem ich wartend ihr am liebsten schon fünfmal auf die Finger getreten wäre, lässt sie mich endlich vorbei. Ein imaginärer Sekundenzeiger beginnt an meine Stirn zu klopfen … tick …. tack … und ich laufe Frau Hubschmidt in die Arme, deren unsichtbarer Gesprächspartner verschwunden ist, ohne mit ihr über den frühmorgendlichen Sonnenschein zu plaudern. Aaaaah, ein paar endlose Minuten sonnigen Smalltalks später donnert es wieder an meine Stirn … tick und tack und weiter gehts.

Vor dem Supermarkt steht die allmorgendliche Schar schlafloser Einkaufswilliger und wartet auf Einlass. Wie ungerecht ist diese Welt!?? Wenn ich mal Rentner bin, werde ich mich extra auch so früh da hinstellen! Jawohl, und allen zeigen: Tja, ich könnte weiterschlafen, wenn ich wollte – schaut her! Aber ich will nicht, haha!

In der letzten Sekunde schaffe ich es, auf der Arbeit meine Karte in die Stechuhr zu drücken und höre wie eine Kollegin zur anderen sagt: „Sag mal, konntest du heut morgen auch nicht mehr schlafen? Ich hab schon meine ganze Wäsche gemacht heut früh.“

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