Kategorie: Texte

  • Vorwärts, es geht zurück.

    Die Geräusche angreifender Flugzeuge sind unverkennbar. Sie gehören zu amerikanischen Staffeln, die unsere Stellungen in Ostnorwegen angreifen. Die Lage ist hier aber stabilisiert, Oslo vor feindlichem Zugriff relativ sicher.

    Nach der Besetzung Portugals und Spaniens durch die Amerikaner hatte sich die Lage in Westeuropa – und durch den Verlust Gibraltars auch im westlichen Mittelmeer – sehr schwierig gestaltet. Dem Gegner ist es nun möglich an jedem Punkt Italiens oder Nordafrikas zu landen. In Libyen kam es schon zu Gefechten zwischen den herangeführten GI´s und italienischen Verteidigern.

    Einzig in Russland sind noch Durchbrüche möglich. Nördlich Moskau gelingt es so auch, ein Loch in die gegnerische Front zu brechen. Leider kann nicht schnell genug Nachschub organisiert werden um den Einbruch auszuweiten und vor allem die Flanken der vorstürmenden Einheiten zu sichern.

    Nun bleibt nur noch, den Spielzug abzuspeichern und per Mail an den Gegner zu schicken.

    Ich schreibe hier über mein Lieblings-PC-Spiel „Strategic Command – European Theatre“ von Battlefront . Historisch relativ authentisch wird im „Risiko“-Design der zweite Weltkrieg strategisch nachgespielt. Während die computergesteuerte KI nach einiger Übung leicht zu schlagen ist, bietet das Spiel gegen einen menschlichen Gegner stundenlangen Spielspaß – dies ist per TCP (live online) oder PBEM (Versand der Züge per eMail) möglich.

    Es gibt eine überschaubare Anzahl verschiedener Einheiten, die pro Runde neu aufgestellt oder mit Nachschub versorgt werden können. Dies geschieht über Punkte, die man auch je Runde – abhängig von der Anzahl der kontrollierten Städte oder Ressourcen – bekommt. Außerdem können diese Punkte auch für Forschungsprojekte eingesetzt werden.

    Das Spiel simuliert 1939 – 1947. Wobei die Achse (Deutschland, Italien und Satelliten) für den Sieg bis dahin nur überleben soll, während die Alliierten (USA, UdSSR, Großbritannien, Frankreich und Verbündete) bis zu diesem Zeitpunkt den Gegner komplett ausschalten müssen. Ein Land kapituliert in der Regel, wenn dessen Hauptstadt besetzt wird.

    Für weiteren Spielspaß sorgt auch der Editor, mit dem man eigene Szenarios entwerfen kann.

    Für mich als historisch Interessierten, der Strategiespiele mag, ein rundherum gelungenes Spiel. Den Nachfolger „Strategic Command 2 – Blitzkrieg“ habe ich getestet und wieder weggelegt.

  • Der große Blackout

    Gestern war ein Abend wie so oft. Im heimeligen Licht meiner Schreibtischlampe telefonierte ich, zusätzlich beleuchtet von den Emissionen meines PC-Displays, der Lüfter meines PC surrte leise und der Fernseher lief. Plötzlich änderten sich diese Gegebenheiten schlagartig: Der Fernseher wurde dunkel und stumm, die Schreibtischlampe mochte genau wie der Monitor nichts mehr emittieren und das beruhigende Surren des PC-Lüfters war einer erschreckenden Stille gewichen, die nur durch meine telefonierende Stimme dramaturgisch etwas aufgelockert wurde. Diese Dramaturgie gestattete es mir auch nicht, mich in meinem Telefonat von ein paar Geräten stören zu lassen, die plötzlich den Dienst quittierten. Bis mir auffiel, dass mein Gegenüber nicht mehr antwortete. Eine der Segnungen von ISDN-Leitungen ist ja, dass diese bei mangelnder Stormversorgung keinerlei Kommunikation der Inhaber unterstützen. Und da war er – der gefürchtete

    große Blackout!
    Wir erinnern uns z. B. an den großen Stromausfall in New York am 13.08.1977 um meine Lage zu verdeutlichen!

    Ok, ich saß in keinem Fahrstuhl fest. Und musste auch keine 6 Stunden auf der letzten Stufe einer Rolltreppe ausharren, aber ich befand mich immerhin inmitten gähnender Dunkelheit und völlig atemloser Stille, abgeschnitten von jedweder Zivilisation.

    Normale Durchschnittsbürger machen in solch einer Situation Dinge, für die sie sonst keine Zeit haben: zum Beispiel ungefähr neun Monate später die lokale Geburtenrate in die Höhe schnellen lassen. Ich aber …

    … suchte erstmal nach meiner Taschenlampe. Dunkel (was für ein Wortspiel!) konnte ich mich daran erinnern, dass meine Nichte anlässlich eines Besuches hier die Taschenlampe als Spielzeug konfiszierte – ich konnte mich aber überhaupt nicht entsinnen (noch nicht einmal dunkel), wo sie letztendlich abgeblieben war. Die Taschenlampe!

    Zum Glück hatte ich noch den letzten Rest Zivilisation – mein Handy mit dem großen beleuchteten Display – griffbereit und konnte damit umherleuchten bis ich die Taschenlampe gefunden hatten. Die ersten New Yorker wären in dem Moment sicher schon bei der „Zigarette danach“ gewesen, aber da ich sowieso nicht rauche, schaltete ich erst einmal die Lampe ein und suchte weiter nach Kerzen, die alsbald das Zimmer in ein gemütliches Flackern tauchten. Nun da ich wieder nach Sicht laufen konnte, fand ich auch meinen Balkon.

    Unten auf dem Gehweg hörte ich Frau Krawuttke berichten, dass man beim örtlichen Stromanbieter angerufen und wichtige Informationen erhalten habe. „Der Strom wird in paar Minuten oder ner Stunde oder heute nicht mehr wiederkommen.“ Ja, derartige Auskünfte schaffen Vertrauen! … zumindest bei Frau Krawuttke. Die machte gleich noch eine phäomenale Entdeckung: „Daaa, beim R. [das bin ich – der Verf.] flackert es, der hat noch Licht!“

    Vielleicht hätte ich den Salzstein mit dem flackernden Teelicht doch mal vom Balkon werfen sollen.

    Epilog: Der große Blackout dauerte eine Stunde, Menschen kamen nicht zu Schaden. Meine materiellen Einbußen beliefen sich auf zwei Teelichter.

  • Faking In The Rain

    Es regnet. Und ich bin dran mit Straße fegen. Mach ich es, werd ich sacknass – mach ich es nicht, dann nörgelt Frau Krawuttke … naja.

    Also los: „Feging in the rain!“ – wobei: „Faking In The Rain!“ klingt und trifft´s besser. Das Wörterbuch übersetzt „fake“ immerhin mit Schwindel, Fälschung, Imitation, Erfundenem oder Künstlichem – „fege“ übersetzt es gar nicht. Andererseits: fegen heißt „to mop“ und „I am mopping in the rain“ oooh neee – „I am moping in the rain“ macht dann schon wieder Sinn, aber das könnt ihr gerne selber übersetzen.

    Also gleich geht´s los – kleiner Fake für Frau Krawuttke …. itunes spielt gerade „Air“ aus Johann Sebastian Bachs 3. Orchestersuite – hmmmm – ein Stück, dass mir schon nach den ersten paar Takten das Wasser in die Augen treibt. Air und Water (und auch noch von Bach) – wie der Regen da draußen. Warum berührt einen Musik manchmal so?

    So, die Luft ist raus.

    Zeit zum faken.

  • Hilfe, ich habe Frau Krawuttkes Schwester gesehen!

    Heute war Stadtfest. Grund genug für mich arbeiten zu gehen – eine Arbeit, die darin besteht, Para-Touristen (weil sie meist nur aus den Nachbarorten kommen) unser historisches Rathaus zu zeigen und nebenbei beim Fest Fotos für das kommunale Archiv zu schießen.

    Wegen der Hitze und weil schließlich Sonntag ist düste ich erst auf den letzten Pfiff los. Zugegebenermaßen mache ich es aber immer so. Eilig. – Oh, bisher wusste ich noch gar nicht, was für ein ekstatisches Quitschen Winterreifen bei diesen Temperaturen von sich geben können! Was ich auch nicht wusste, dass ältere Frauen ihre Rollators freihändig über Fußgängerüberwege bekommen. Wenn sie nämlich beide Fäuste zum schütteln brauchen … Naja, hat sie beim nächsten Damenkränzchen zur Abwechslung mal was neues zu erzählen. Im Rückspiegel sah ich sie ihrem davonrollendem Gefährt hinterherhechten. Ob Pflegestufen eigentlich auch wieder aberkannt werden können?

    Auf den Parkplatz gequietscht und ab zum Fest. Dort spielte schon eine Blaskapelle und ich konzentrierte meine volle Aufmerksamkeit darauf beim Laufen nicht im Takt der Blasmusik zu bleiben, um ein „Guck mal, der Idiot läuft im Gleichschritt.“ zu vermeiden. Wer Karl Moik und Ernst Mosch mit oder ohne Egerländer mal im Stechschritt ins Musikantenstadl einmarschieren gesehen hat, der weiß wovon ich rede …

    Die Hitze war mal wieder nur unwesentlich unterhalb der Siedepunkte verschiedener Flüssigkeiten anzusiedeln und so platzierte ich mich im Schatten des Rathauses und beobachtete das Geschehen. Ich hoffe nur, dass kein Bekannter kam und mir ein Bier anbot – ich hätte ihm in dem Moment nur schwer erklären können, dass ich ja gerade arbeite. Dafür lief das Bier andernorts um so besser – oben hinein und …

    Ja, wo vermutet man als Auswärtiger als erstes ein WC, wenn man sich auf dem Marktplatz befindet? Richtig, im Rathaus. Ich musste also meine ganze Menschenkenntnis daransetzen, die Besichtigungswilligen von den Verrichtungswilligen zu unterscheiden. Manchmal fiel das in der Tat nicht schwer. Einmal knüpfte ich meine Bereitwilligkeit, den Weg zu den Öffentlichen zu zeigen an das Versprechen, sich hinterher mit mir das Rathaus anzusehen. So war ich über den Nachmittag recht beschäftigt und geschäftig.

    Bis sie kam. Ich erklärte gerade Besonderheiten unseres Gemäuers als sie sich vom WC kommend und an ihrem seltsamen Gewand nestelnd zu uns gesellte. Die überschwengliche Aufmerksamkeit, die sie dann an den Tag legte, macht mich in der Regel ja immer stutzig. Und ich wurde nicht enttäuscht: Frau Krawuttke hat eine Schwester! Ich weiß nicht, wie sie heißt und wo sie wohnt, aber ich habe sie gesehen!

    Wir schauten uns die Schmetterlingssammlung an, die sich im hiesigen Museum befindet und ich erklärte gerade etwas über den Schöpfer dieser Sammlung, der voriges Jahr verstorben ist als es aus einer Ecke krähte: „Ich habe auch einen Schmetterling gefunden. Soll ich den herbringen?“ Gewohnt, dass ein Besucher hin und wieder einen Scherz macht, zumal wenn es eine Besucherin ist, die auch in der DDR beim besten Willen nicht mehr als „Freund der Jugend“ im Blauhemd durchgegangen wäre, fuhr ich fort. Ein Unterschied zwischen einem Scherz und einem ernst gemeinten Einwurf ist aber, dass der Scherzende beschämt zu Boden sieht, wenn niemand lacht, während der Ernste sich noch einmal Gehör verschafft. „Ja, der ist tot und liegt vertrocknet hinter meinem Küchenfenster!“ Ich versuchte daraufhin der Frau mit wenigen zielgerichteten Worten zu erklären, dass so eine eigene Schmetterlingssammlung in ihrer sicher geschmackvoll eingerichteten Wohnung ganz hübsch sei …

  • Holland olé, Frau Krawuttke und Migräne

    Frau Krawuttke hat sich vermutlich aufgrund der FIFA-WM oder wegen des Wetters in ihrer Wohnung eingeschlossen und sieht die zweieinunddreißigste Programmschleife im Rosamunde-Pilcher-Kanal. So gibt es nichts neues von ihr, aaaaber …

    … ich war mit meiner Nichte heute im Garten. Sie malte mit Wasserfarben, hatte sehr gründlich ihren Pinsel mit orangener Farbe bestückt, abgestrichen, nochmal eingetaucht als plötzlich eine Wespe dahergeflogen kam und meine Nichte sie mit hektischen Bewegungen verscheuchte. Unglücklicherweise mit der Pinselhand. So schnell wie ihr Onkel war noch niemand als Holland-Fan geoutet und gestylt …

    Außerdem erzählte sie von einem Besuch im Meerwasseraquarium, wo es eine Migräne gibt, die ganze Arme abbeißt!

    Nunja, für die Nicht-Ozeanologen: Das Viech heißt Muräne.

  • Frau Krawuttke und der Sinn des Lebens

    „Ooooh neee!“ werden viele jetzt denken, „Nicht schon wieder Sinn des Lebens!“ Aber ich halte entgegen: „Doch!“ Und das muss jetzt mal als Argument für die Beschäftigung mit diesem Thema ausreichen.

    Für Frau Krawuttke zum Beispiel ist der Sinn ihres Lebens klar: Morgens um sieben aufstehen. Und dann eine habe Stunde später zwischen Haus- uns Wohnungstür pendeln … wahlweise mit oder ohne Reinigungsgerät, aber immer schön kontinuierlich und auf der Lauer nach Gesprächspartnern. Je eiliger sie es haben, desto besser.

    Wäre Frau Krawuttke aber beispielsweise Buddhistin, dann bestünde der Sinn ihre Lebens darin, mit einem Plopp ins Nichts zu verschwinden. Wobei das Nichts ja auch eine interessante philosophische Kategorie ist. Vielleicht sollte man ihm auch einen Namen geben … Nirvana klänge ganz gut, oder? Jedenfalls bin ich mir nicht so sicher, wie die anderen Leute dort im Nirvana es finden würden, wenn plötzlich Frau Krawuttke mit ihrem Feudel auftaucht und „Füße abtreten!“ schreit. Ganz abgesehen davon, dass ich mir sicher bin, dass es im Nirvana gar keine Fußabtreter gibt. Und Feudel auch nicht … hm … naja doch … einen. Aber eben nur wenn Frau Krawuttke Buddhistin wäre …

    Frau Krawuttke ist aber genausowenig Buddhist wie sie Frau Douglas Adams ist. In „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist der Sinn des Lebens ja eindeutig definiert: Zweiundvierzig. Vielleicht ist das auch einfach die Summe der Sinne aller Leben und ohne Frau Krawuttkes Lebens-Sinn wäre die Antwort 103, wer weiß das schon.

    Für manche ist der Sinn des Lebens mit einem Auto im Kreis herumzufahren und dafür soviel Geld einzustecken, dass man halb Afrika ernähren könnte. Aber der Kreisfahrer sagt „Ätsch!“ kauft sich ein Haus und einen Learjet und alle freuen sich darüber. Fast alle. Die Leute in Afrika wahrscheinlich nicht. Und auch nicht die Leute im Nirvana, weil er ja kein Buddhist ist und nicht irgendwann zu ihnen kommt, damit sie ihn mal richtig in seinen Allerwertesten treten können.

    Also wir haben gelernt, die Frage nach dem Sinn des Lebens ist recht kompliziert und tiefschürfend, und es lohnt sich allemal darüber nachzudenken. Genauso wie darüber, ob es Sinn macht, dass sich Frau Krawuttke einen schicken, neuen Feudel besorgt, bevor sie ins Nirvana …

    … aber davon beim nächsten Mal.