Autor: Rainer

  • Holland olé, Frau Krawuttke und Migräne

    Frau Krawuttke hat sich vermutlich aufgrund der FIFA-WM oder wegen des Wetters in ihrer Wohnung eingeschlossen und sieht die zweieinunddreißigste Programmschleife im Rosamunde-Pilcher-Kanal. So gibt es nichts neues von ihr, aaaaber …

    … ich war mit meiner Nichte heute im Garten. Sie malte mit Wasserfarben, hatte sehr gründlich ihren Pinsel mit orangener Farbe bestückt, abgestrichen, nochmal eingetaucht als plötzlich eine Wespe dahergeflogen kam und meine Nichte sie mit hektischen Bewegungen verscheuchte. Unglücklicherweise mit der Pinselhand. So schnell wie ihr Onkel war noch niemand als Holland-Fan geoutet und gestylt …

    Außerdem erzählte sie von einem Besuch im Meerwasseraquarium, wo es eine Migräne gibt, die ganze Arme abbeißt!

    Nunja, für die Nicht-Ozeanologen: Das Viech heißt Muräne.

  • Frau Krawuttke und der Sinn des Lebens

    „Ooooh neee!“ werden viele jetzt denken, „Nicht schon wieder Sinn des Lebens!“ Aber ich halte entgegen: „Doch!“ Und das muss jetzt mal als Argument für die Beschäftigung mit diesem Thema ausreichen.

    Für Frau Krawuttke zum Beispiel ist der Sinn ihres Lebens klar: Morgens um sieben aufstehen. Und dann eine habe Stunde später zwischen Haus- uns Wohnungstür pendeln … wahlweise mit oder ohne Reinigungsgerät, aber immer schön kontinuierlich und auf der Lauer nach Gesprächspartnern. Je eiliger sie es haben, desto besser.

    Wäre Frau Krawuttke aber beispielsweise Buddhistin, dann bestünde der Sinn ihre Lebens darin, mit einem Plopp ins Nichts zu verschwinden. Wobei das Nichts ja auch eine interessante philosophische Kategorie ist. Vielleicht sollte man ihm auch einen Namen geben … Nirvana klänge ganz gut, oder? Jedenfalls bin ich mir nicht so sicher, wie die anderen Leute dort im Nirvana es finden würden, wenn plötzlich Frau Krawuttke mit ihrem Feudel auftaucht und „Füße abtreten!“ schreit. Ganz abgesehen davon, dass ich mir sicher bin, dass es im Nirvana gar keine Fußabtreter gibt. Und Feudel auch nicht … hm … naja doch … einen. Aber eben nur wenn Frau Krawuttke Buddhistin wäre …

    Frau Krawuttke ist aber genausowenig Buddhist wie sie Frau Douglas Adams ist. In „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist der Sinn des Lebens ja eindeutig definiert: Zweiundvierzig. Vielleicht ist das auch einfach die Summe der Sinne aller Leben und ohne Frau Krawuttkes Lebens-Sinn wäre die Antwort 103, wer weiß das schon.

    Für manche ist der Sinn des Lebens mit einem Auto im Kreis herumzufahren und dafür soviel Geld einzustecken, dass man halb Afrika ernähren könnte. Aber der Kreisfahrer sagt „Ätsch!“ kauft sich ein Haus und einen Learjet und alle freuen sich darüber. Fast alle. Die Leute in Afrika wahrscheinlich nicht. Und auch nicht die Leute im Nirvana, weil er ja kein Buddhist ist und nicht irgendwann zu ihnen kommt, damit sie ihn mal richtig in seinen Allerwertesten treten können.

    Also wir haben gelernt, die Frage nach dem Sinn des Lebens ist recht kompliziert und tiefschürfend, und es lohnt sich allemal darüber nachzudenken. Genauso wie darüber, ob es Sinn macht, dass sich Frau Krawuttke einen schicken, neuen Feudel besorgt, bevor sie ins Nirvana …

    … aber davon beim nächsten Mal.

  • Frau Krawuttke lauert mir auf

    Als ich heute von der Arbeit kam sah ich sie. An meiner Haustür. Blonde Lockenmähne, blaue Augen, atemberaubender Mini und … es war wieder nur Frau Krawuttke in Kittelschürze, Strickjacke und Hausschluppen. Und sie lauerte …

    Krawuttke´schen small-talk, der eigentlich long&boring-talk heißen müsste im Gedächtnis verlangsamte sich mein eben noch zügiger Feierabendschritt doch merklich. Aber Frau Krawuttke, die ihren Berichten zufolge vor lauter Krankheiten eigentlich schon im Koma liegen oder zumindest im Rollstuhl sitzen müsste, blieb tapfer stehen. Vor der Tür. Durch die ich hinein
    musste. Zum ersten Mal im Leben beneidete ich Amerika …. und zwar um die Feuerleitern an den Hauswänden. Nun half nur noch Beschäftigung vortäuschen.

    Ein hastiges „Guten Tag“ murmelnd stürzte ich an meinen Briefkasten, in dem eine Wahlbenachrichtigungskarte lag. Ja, im Mai wird bei uns Landrat und Bürgermeister gewählt – gedankenverloren steckte ich die Karte ein als ich die Stimme der Frau vernahm: „Jaja, wählen sollen wir nun auch noch gehen. Ich werde keinen von diesen Verbrechern wählen – sie nehmen sich die hohen Diäten und uns gehts jetzt schlechter als kurz nach dem Krieg. Ich hab in meinem langen Leben weißgott schon viel mitgemacht, aber das …. die Praxisgebühr wollen sie erhöhen und uns die Renten kürzen … uns Alten wird alles weggenommen … Schlimmer als nach dem Krieg, sag ich!“

    Mit einer energischen Bewegung schwang ich mich an der Polemikerin vorbei, aber nicht ohne zu erwähnen, dass Bürgermeister und Landrat meines Wissens mit Praxisgebühr und Rentenkürzung überhaupt nichts zu tun haben. Hier setzte nun punktgenau Frau Krawuttkes Schwerhörigkeit oder beginnende Demenz ein – sie bekam meinen Einwand schlichtweg nicht mit und schwadronierte weiter. Mittlerweile in einem Ton, der mich überlegen ließ, ob mir entgangen war, dass ich an wichtigen Regierungsbeschlüssen beteiligt bin.

    Das Schlimme an derartigen Monologen mit diesen Leuten ist immer, dass es Monologe sind … jeder eigene Einwurf wird schlichtweg ignoriert. Selbst wenn ich Frau Krawuttke zugestimmt hätte: „Ja, verdammt! Sie haben recht! Es ist wirklich viel schlimmer als nach dem Krieg. Damals hatten Leute wie Sie besseres zu tun als hier rumzulungern, mir aufzulauern und mir die Zeit mit Polemik und Stammtischparolen zu stehlen! Einen schönen Tag wünsche ich noch!!!“

  • Der Rabenvater

    In Ermangelung eigener Kinder teste ich hin und wieder an meiner Nichte, ob ich noch fähig bin die Jugend zu unterhalten. Meistens klappt es, obwohl ich mit meinen Talenten wie zeichnen, lesen oder Geschichten erzählen gar nicht zum Zug komme. Denn der kleine Wirbelwind – sie wird dieser Tage 6 Jahre alt – mag am liebsten Rollenspiele, bei denen sie den Hauptakteur, manchmal auch zwei, die Drehbuchschreiberin und die Regisseurin mimt.

    Meist haben wir so Kindergarten gespielt, wobei sie natürlich nicht das Kind war, wie es die Größenverhältnisse ja eigentlich nahegelegt hätten. Die von ihr gespielte Kindergärtnerin war dann jedes Mal abwechslungsreich dargestellt und mehr als streng. Drehbuch und Regie legten mir dann immer die jeweiligen Sätze oder Aktionen meiner Rolle in den Mund. Bei der „Schillerallee“ haben die Komiker da wirklich mehr Freiheiten. Aber ich soll ja auch nicht komisch sein, sondern unartig. Damit sie mich in die Ecke stellen kann …

    Heute war das erste Mal ein Klassiker dran: Mutter-Vater-Kind. Ich war echt froh, dass ich mal nicht das Kind spielen musste … und auch nicht die Mutter. Das Kind war eine Puppe und als emanzipierter Vater bekam ich sie von meiner Nichte auf den Arm und nu mach mal, füttern und so. Ok, nichts leichter als das … und als ich mich so mit dem Plastikbaby beschäftigte, fiel mir auf, dass es bei einer bestimmten Bewegung kurz weinerlich zu quietschen begann. Das fand ich dann aber nicht sehr realistisch – Babies bringen ihre Eltern ja schließlich im Normalfall sogar um den Schlaf und das ganz sicher nicht mit einem kurzen „Quäääk“. So rüttelte und schüttelte ich die Puppe bis das Geräusch in etwa meinen Vorstellungen entsprach, beobachtet von meiner Nichte.

    Später dann mit der Puppe auf dem Arm erzählte ich ihr, dass ich sie mal genauso gehalten hab, worauf sie grinsend fragte: „Aber du hast mich doch dann nicht so geschüttelt, oder?“

    pfffffff ….

  • Meisenknödel und Frau Krawuttke im Pfefferkuchenhaus

    Es gibt Zeiten, die gibt es gar nicht. Zum Beispiel jetzt gerade: Da schaue ich durch mein Fenster, den tanzenden Flockenwirbel ignorierend auf die Schar Vögel, die da unten vor dem Haus herumhüpft und von den Körnern nascht und an den Meisenknödeln probiert.

    In Zeiten wie diesen interessiert, ob die gefiederten Freunde vergnügt durch die Botanik hüpfen oder aber vielleicht schon etwas niesen, kränkeln oder gar schlimmstenfalls die Füße gen Himmel strecken. Vögel schlafen nämlich nicht auf dem Rücken so wie ich, sie sind dann tot. Gemeuchelt von einer Seuche, deren Namen ich nicht aussprechen mag, wie die Juden den Namen ihres Herrn.

    Doch man hat reagiert. Niemand darf mehr seinen zitronengelben Kanarienvogel draußen rumfliegen lassen, selbst Katzen sind von der Stallpflicht betroffen, weil Katzen Vögel sehr mögen. Ich mag Rindfleisch auch und wurde zu BSE-Zeiten nicht eingestallt. Hm, und ich sage immernoch „Guten Tag“ statt „Muh“ zu Frau Krawuttke.

    Frau Krawuttke ist übrigens die Hobby-Ornithologin, die den Busch vor meinem Fenster liebevoll mit Meisenknödeln drapierte und davor wie weiland Gretel, die mit Hänsel im Grünen unterwegs war, Körner verstreute. Manchmal glaube ich, Frau Krawuttke tut dies auch um wieder heimzufinden, denn sie ist schon über 90. Nur passt Frau Krawuttke dann doch nicht richtig zu Hänsel, weil sie im Pfefferkuchenhaus auf eine Art Zwillingsschwester treffen würde … aber ich schweife ab!

    Außerdem muss ich wieder ans Fenster, nach den Vögeln sehen.

    Und nach Frau Krawuttke, ob sie heimfindet.

  • Von Karneval und anderen Beerdigungen

    Es gab in den letzten fünf Jahren zwei Anlässe zu denen ich eine Krawatte getragen habe: Beerdigungen und Karneval.

    Eigentlich eine hübsche Dialektik – Beerdigungen sind meist so unerträglich traurig, dass es weh tut und Karneval ist eigentlich immer so unerträglich lustig, dass … naja …

    Gestern bin ich so wieder auf Arbeit gestiefelt, eine alte Krawatte im Rucksack um den Mädels eine Freude zu machen (und von anderen abschneidbaren Teilen abzulenken). Während es bei Beerdigungen eher unvorteilhaft ist, dass ich keinen Krawattenknoten kann, war es gestern kein Problem: Ungeduldig mit der Schere klappernd banden mir die netten Ladies das Ding sogar perfekt, bevor es fachfrauisch gekürzt wurde. Noch eine Ladung bunte Papierschnipsel verteilt, ein „Helau“ intoniert und Weiberfastnacht 2006 war überstanden.

    Wer nun glaubt, dass ich Karneval nicht mag – mit seiner militärisch-zackigen Lustigkeit auf wollemersereinlasse-Befehl, der sei erinnert, dass ich mich ja sogar kostümiert hatte! Wenns auch nur mit einer Krawatte war!

    Die Karawane zieht weiter …
    Gottseidank!