Kategorie: Texte

  • Trabbi, U-Boot, Wisente – Usedom im September

    Usedom im September war das Ziel und von der netten Frau im Navi bestens gelotst fand ich mich eines Tages im Norden von Leipzig bei meinem alten Studienfreund H. wieder. Wobei sich das „alt“ auf unsere nunmehr zwanzigjährige Freundschaft bezieht.

    Abends an der Seebrücke Koserow.

    Irgendwann am Abend stürmten wir dann die Seebrücke im Ostseebad Koserow und sahen den Möwen beim Schlafen zu während die Wellen in der Dämmerung an den Strand rollten.

    Auf dem Streckelsberg, Koserow

    Eine Wanderung zum 58 Meter hohen Streckelsberg ersetzte am nächsten Tag den Frühsport. Hier soll eines der unzähligen Störtebecker-Verstecker entlang der Ostseeküste gewesen sein. Wir versteckten uns nicht sondern spazierten weiter zur Seebrücke.

    Dann sagten wir noch den Wisenten im Gehege in Dargen ein freundliches „Hallo!“, sie antworteten nicht, und zogen weiter in die ebenfalls dort gelegene „Welt der Erfindungen“.  Zugegeben hatte diese unseren Besuch nur dem Umstand zu verdanken, dass wir dort fälschlicherweise das kopfstehende Haus vermuteten. Inhaltlich gehören die beiden Sachen wohl auch zusammen und werden gemeinsam beworben, liegen aber fluffige 35 Inselkilometer voneinander entfernt. Und verlangen getrennt voneinander Eintritt. In der Erfinderausstellung präsentieren vor allem Kandidaten der MDR-Fernsehsendung „Einfach genial!“ ihre Alltagstüfteleien. Es ist recht interessant und man kann auch so ziemlich alles anfassen und ausprobieren.

    Bockwindmühle Pudagla

    Auf der Rückfahrt zog dann die Bockwindmühle Pudagla unsere Aufmerksamkeit auf sich, die frisch einem Dracula-Film entsprungen schien. Sehenswert.

    Zinnowitz

    Die Abendsonne vergoldete uns Zinnowitz, wo wir ein bisschen Stadt und Seebrücke besichtigten, um dann das Kindersanatorium „Erich Steinfurth“ zu suchen, wo ich als 8-jähriger sechs endlos lange Atemwegs-Kurwochen verbrachte. Es steht noch. Gerade so.

    Die Welt steht Kopf in Trassenheide

    „Die Welt steht kopf“ hieß es dann in Trassenheide und das ist wörtlich gemeint. Ein inklusive seines Innenlebens auf dem Kopf stehendes Haus lädt zum Besuch ein. Klar, dass es dort vor allem um schicke Fotomotive geht.

    Posing

    Und dann ein Highligt: Wir fuhren Cabrio! Zugegeben ein absolutes Statussymbol und der Vermieter (4 Stunden für ca. 40 Euro) gab uns auch gleich zwei Regeln mit auf den Weg: 1. Trabbifahrer grüßen einander. – 2. Achtet auf die Breeeemsen! – Die Beachtung der zweiten Regel erwies sich an der ersten Kreuzung auch als absolut hilfreich.

    Peenebrücke Wolgast

    Mit dem Trabbi gings dann pünktlich zur abendlichen Öffnungszeit an die Peenebrücke Wolgast.

    Peenemünde, U-Boot

    Vom DDR-Trabbi schwangen wir uns dann fast nahtlos ins sowjetische U-Boot, seines Zeichens das größte konventionelle der Welt. U-461 in Peenemünde ist begehbar und unterhält durch Tauchsirene und Durchsagen in russischer Sprache. Ab und an können die Bordlautsprecher aber auch deutsch und zerstören die U-Boot-Romatik-Illusion: „Ey, der Herr da in Sektion 3, der gerade det Tiefenruder-Handrat abmontieren will, sollte dat bitte unterlassen und wird am Ausgang erwartet.“

    Historisch-Technisches Museum Peenemünde

    Aus den Tiefen des Wassers in die Luft: V1 und V2 erwarteten uns recht friedlich im unweit des U-Bootes gelegenen Historisch-Technischen Museum. Im ehemaligen Kraftwerk der Heeresversuchsanstalt ist eine gewaltige Ausstellung zu V-Waffen und Raumfahrt, als einer deren Großväter sich Peenemünde sieht, zu besichtigen. Mir zumindest taten danach Füße und Augen weh – es war einfach zu viel Input.

    Seebrücke Ahlbeck

    Dann regnete es. In Ahlbeck. Vielleicht vergoss der Himmel aber auch ein paar Tränen im Angedenken an den verstorbenen großen Loriot und seinen Film „Papa ante portas“, dessen Schlussszene hier auf der Ahlbecker Seebrücke spielt.

    Pfarrers Schluck

    Zum Abschluss besuchten wir noch die Koserower Kirche – im Bild der pastorale Schlummertrunk, wenn´s mal wieder länger dauert. Das Gebäude stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist damit der älteste erhaltene Kirchenbau Usedoms.

    Genächtigt hatten wir übrigens im Koserower Hotel „Nautic“, welches 15 Minuten vom Strand und recht zentral gelegen, doch sehr empfehlenswert ist.

    Wer noch mehr Bilder sehen mag klickt HIER.

  • Vom Brauen zum Brennen

    Traditions- und Erlebnisbrauerei Watzdorf

    Alle Jahre wieder traf sich auch 2011 der harte Kern unserer Leipziger Studentenwohnheimtruppe, die von 1989 bis Mitte der 1990er den Geschichtswissenschaften an der Alma Mater Lipsiensis frönte.

    Ein Wandertag zu Brauerei und Brennerei stand in diesem Jahr auf dem Programm und fand unter extrem stark reduzierter Teilnehmerzahl (fünf von sieben waren nicht dabei) statt. Für 3,50 Euro je Person schlossen wir uns in der Watzdorfer Traditions- und Erlebnisbrauerei einer Führung aktiver Studenten an und bekamen einen interessanten Einblick in die Welt der Braumeisterei. Vormals Konsum-Brauerei startete das Unternehmen vor etwa 15 Jahren neu und schaffte den Sprung auf den Markt mit einem eigenen Konzept, zu dem neben Führungen auch Verkostungen auch ein Kräutertrunk nach Thüringer Mönchsrezept gehört. Pfiffig sind die 0,3l-Flaschen für Aufreißer, einem Verschluss mit finnischem Patent. Interessant fand ich die Information zum Erwerb der Abfüllanlage. Diese wurde aus zweiter Hand und ziemlich preisreduziert in Österreich gekauft. Dort fiel nach einem Regierungswechsel die Förderung der Schulmilch weg, so dass einige Molkereiabfüllanlagen obsolet wurden. Glück für die Watzdorfer.

    Die Führung endete eine Getränkeprobe inbegriffen im Schalander neben dem Brauereimuseum, wo früher die Bierkutscher saßen und die neuesten Bierkreationen probieren mussten durften. Heute kann man hier bei einem gepflegten Schluck sitzen und den Brauern über die Schulter schauen. Sehr schön wurde alles präsentiert von Herrn Lindner, dessen Bruder in Großgölitz die Destillerie „Gölitzwänder“ betreibt. Dank ihm legten wir die Mitteletappe unserer Wanderung Kleingölitz -Watzdorf-Großgölitz-Kleingölitz im Auto zurück, was sich wegen der eingekauften Kostproben und der knallgelbe Sonne durchaus als Segen erwies.

    In der Destille angekommen folgten Spirituosenproben den Bieren in unsere Kehlen und das Gepäck nahm weiter zu. Zurückgekehrt ins Kleingölitzer Bungalowdorf wartete dann der Grill …

    Weitere Fotos vom Treffen gibts HIER.

  • “Call Off Krawuttke” – Weiter im Telefongame

    Viel zu lange war es jetzt viel zu ruhig um Frau Krawuttke und ihr Telefon. Wie ein Naturgesetz musste neuerliches Unheil nahen. In Form von ihm. Herrn Krawuttke. Auf meiner Arbeitsstelle.

    Ein telekommunikativ drangsaliertes Wesen erklärte mir da, dass der von mir vor zweieinhalb Jahren mühsam erkämpfte Krawuttkesche Telefonanschluss nun gesperrt sei und ein Anwaltsschreiben mit einer letzten Frist zur außergerichtlichen Einigung vorläge … Und Krawuttkes wären nicht Krawuttkes, wenn sie sich da irgendeinen Rat wüssten, ich sollte also wieder einmal herhalten. – Prima!

    Die Vorgeschichte: Vor ein paar Wochen klingelte ein adrett gekleideter Herr mit vorzüglichsten Manieren und einnehmendem Aussehen bei der armen Frau K. Der Zeitpunkt war nach ihrer Aussage völlig unpassend und deshalb bat Frau Krawuttke den Herrn erst einmal herein. Machen wir ja alle so, wenns uns so gar nicht passt. Drinnen wurde ihr dann ein phänomenal günstiger Telefonvertrag angeboten. Die betreffende, unter Opferung jeglicher Eigeninteressen, dermaßen am finanziellen Wohle ihrer Kunden interessierte Firma steht vermutlich kurz vor der Eintragung als gemeinnütziger Verein. Das konnte sich Frau Krawuttke natürlich nicht entgehen lassen und sie tauschte den hart erkämpften Telefonanschluss (vgl. Blogeinträge Anfang 2007) jubilierend gegen diese eigentlich fast kostenlose Kommunikationsverbindung. Nach einiger Zeit trafen dann ein neues Telefon und verschiedene Schriftstücke, die u. a. eine neue Telefonnummer für Krawuttkes enthielten, ein. Dies war der guten Frau dann doch zu viel und sie betraute mich mit Anrufen bei der Telekom-Hotline und dem Verfassen von Kündigungsschreiben, die auch anerkannt wurden. Später kam dann noch eine Rechnung des neuen ehemaligen Anbieters über eine Beratungspauschale. Gern erinnern wir uns an den adretten, hübschen Herrn. Sind Krawuttkes doch recht freigiebig bei der Verteilung ihrer Unterschriften unter Verträge, so sind sie dagegen ein bisschen knausrig, wenn es dann um ihr Geld geht und sie verweigerten die Zahlung. Das Ende vom Lied: Mahnung, Schreiben vom Rechtsanwalt mit einer letzten Frist zur außergerichtlichen Einigung … und während dieser ganzen Zeit lief die Kündigung des Telekomanschlusses, den diese Firma in Auftrag gegeben hatte. Ein Schreiben des rosa Riesen, in dem dieser den Wegfall seiner Telekommunikationsleistungen für den Krawuttkeschen Gebrauch ankündigte, wurde von Familie K. mit einem müden Lächeln in die Akten geheftet. Nun ist die Leitung tot und die beiden beharren auf ihrer Meinung, dass dies wegen der unbezahlten Anwaltsrechnung erfolgte.

    Nun ist der Karren richtig im Dreck und ich darf endlich auch wieder mitspielen. Hurra.

    Zuerst ein Anruf bei der Telekom. “Nennen Sie uns bitte den Grund ihres Anrufes.” – “Rechnung” – “Danke. Geht es um den Telefon- oder den Internetanschluss?” – “Telefon.” – “Rufen Sie gerade von dem betroffenen Anschluss aus an?” – “Um Gotteswillen – NEEEEEEIIIIIIIN!!!!!!!!” … Hier wurden Erinnerungen wach an das Frühjahr 2007 als es Krawuttkes fast gelungen war, meinen kompletten ISDN+DSL-Anschluss zu übernehmen. Nur dem Umstand, dass der mit der Abschaltung bei mir beauftragte T-echniker vorsorglich noch einmal nachfragte, ist es zu verdanken, dass meine Verbindung in die Welt bestehen blieb. Ich hatte im Online-Antrag für Krawuttkes meine Rufnummer als Rückrufmöglichkeit für eventuelle Nachfragen angegeben. Das war damals für die T-Com Grund genug anzunehmen, dass Krawuttkes meine Nummer mit allem Drum und Dran zustände.

    Vorläufiges Fazit: Krawuttkes knickten ein und bezahlten die Anwaltsrechnung. Die Telekom bemüht sich die Krawuttkesche Rufnummer (und hoffentlich nicht meine) rückzuportieren …

    Wir dürfen wieder gespannt sein.

  • Iwojima-Nacht

    Der Besuch eines Studienfreundes – zwei Historiker unter sich – war nun endlich Anlass, den Status zweier DVD´s von “ungesehen” in “gesehen” zu ändern.  Es handelte sich um die beiden Regiearbeiten Clint Eastwoods über die Schlacht um Iwojima.

    Während des Zweiten Weltkrieges wuchs die Bedeutung der Luftwaffen der kriegführenden Mächte.  Da die Reichweiten aber noch relativ bescheiden ausfielen, waren entsprechende Basen in Feindesnähe wichtig und entsprechend umkämpft. Vor allem im Pazifik-Krieg, den man zu großen Teilen in der Luft und zur See austrug erinnern Namen wie Guadalcanal oder eben Iwojima an Schlachten um Inseln mit Flugplätzen. In Europa trug zum Beispiel das zwischen den italienischen Nachschubhäfen und dem afrikanischen Kriegsschauplatz gelegene britisch besetzte Malta den Beinamen “Unsinkbarer Flugzeugträger”.
    Das vor dem japanischen Festland gelegene Iwojima (heute loto) sollte den Amerikanern in den letzten Kriegsmonaten als Basis für Angriffe auf Japan dienen. Diese Bedeutung hatten natürlich die japanischen Verteidiger erkannt und versuchten mit 21.000 Mann, verschanzt in einem Tunnelsystem, die Insel zu halten. Der alles beherrschende erloschene Vulkan Suribachi wurde mit Artilleriestellungen bestückt. Über einen Monat dauerten die Kämpfe, gut 200 Japaner überlebten das Inferno, von den 100.000 angreifenden Amerikanern starben etwa 8000.

    Die Filme aus dem Jahre 2006 nähern sich dem Thema sowohl von amerikanischer als auch von japanischer Seite. “Flags of our fathers” berichtet von der amerikanischen Flagge, die nur 4 Tage nach Beginn der Kämpfe auf dem Suribachi gehisst wurde. Dabei entstand eines der bekanntesten Fotos des Zweiten Weltkrieges, welches die Beteiligten  von hinten zeigt, wie sie den Flaggenmast in die Höhe stemmen. Da zum damaligen Zeitpunkt Kriegsmüdigkeit in der amerikanische Bevölkerung um sich griff und dieses Foto in den Zeitungen einigermaßen Enthusiasmus entfachte, schickte man drei überlebende Beteiligte auf eine beispiellose Propagandatour durch die Vereinigten Staaten. Blöd nur, dass das Foto – wie bei Propaganda nicht unüblich – gestellt war und die ursprünglichen Flaggenhisser schon gefallen waren. So tourten nun drei “Helden” durch die Ballsäle und Stadien, die mehr zufällig auf das zweite Foto geraten waren oder schlichtweg in der Nähe standen.
    Die Filmhandlung springt fast unerträglich oft durch die Zeit – zwischen den Gefechten auf Iwojima, der Propagandatour und den Schicksalen der Drei in der Nachkriegszeit sowie einem Recherche-Handlungsstrang in der Gegenwart hin und her. Diese drei Personen sind übrigens real, auch die Geschichte des Fotos.

    Viel besser fand ich da “Letters from Iwo Jima”, der die Schlacht aus japanischer Sicht thematisiert. Zeitsprünge gibt es auch hier, aber sehr moderat und nur zwischen drei Punkten: Gegenwart, Schlacht und kurz vor der Schlacht in Japan. In der Rahmenhandlung finden Historiker unzählige auf der Insel vergrabene Briefe eines japanischen Soldaten an seine Frau. Dieser Soldat ist auch der Held des Films. Daneben werden noch zwei interessante historische Persönlichkeiten skizziert. Generalleutnant Tadamichi Kuribayash war der Oberbefehlshaber der Verteidiger. Er tritt im Film als moderner und humaner Vorgesetzter auf, der aber von vielen seiner Offiziere nur widerwillig respektiert wird. Daneben dient auf der Insel auch der japanische Sportreiter Baron Takeichi Nishi. Der schillernde Offizier war 1932 Goldmedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Los Angeles und 1936 Teilnehmer der Spiele in Berlin. Auch er fiel im Kampf auf Iwojima.

    Der Film aus japanischer Sicht war sehr beeindruckend, während “Flags of our fathers” durch die vielen Rück- und Vorblenden zerstückelt wirkt und verwirrt.

    Später versuchten wir uns noch im PC-Spiel “Strategic Command – Pacific Theater” per LAN am Iwojima-Szenario “Operation Detachement”. Als japanischer Befehlshaber gelang es mir bis zum Ende der Kämpfe das Hauptquartier zu halten, das Spiel endete unentschieden. Im richtigen Leben dagegen gab es damals ganz klare Sieger.

  • Frau Krawuttkes Telefon – Ring frei zur zweiten Runde

    Was bisher geschah:

    Vor vielen Monden bat mich Frau Krawuttke um Hilfe bei der Beauftragung eines Telefonschlusses, weil sie bis dato keinen besaß. Nachdem ich diesen hilfsbereit online beantragt hatte, konnte ich den rosa Riesen quasi in letzter Sekunde stoppen, meinen Anschluss inklusive ISDN und Internet auf Frau Krawuttke zu übertragen. Es kostete mich Nerven, eine Menge Zeit in T-Com-Warteschleifen und etwas Schriftverkehr um meinen Anschluss wieder in den Originalzustand zu versetzen. Danach beantragte ich den Krawuttkeschen Anschluss erneut …

    Alles lief prächtig bis mich meine Nachbarin Anfang dieses Monats aufgeregt in ihre Wohnung zerrte. Auf ihrem Küchentisch lagen ein Päckchen und ein Brief. Leider (oder zum Glück) waren das keine Geschenke für mich, sondern im Päckchen war ein neues Telefon und im Schreiben wurde Frau Krawuttke von der Telefongesellschaft Amsel-Phone (Name leicht geändert) mitgeteilt, dass man sich sehr freue, Sie als neuen Kunden begrüßen zu dürfen. Weiterhin wurde ihr eine vorläufige Rufnummer mitgeteilt, unter der sie bis zur endgültigen Portierung ihrer Nummer von der T-Com zu Amsel-Phone erreichbar wäre. Frau Krawuttke war  in einem Moment der Unaufmerksamkeit von einem schlitzohrigen Drücker überlistet worden und erwartete nun von mir Hilfe. Vor meinem geistigen Auge begann das komplizierte Räderwerk der Telefonnummernportierung langsam zu mahlen. Aber bei Haustürgeschäften gibt es ja die vierzehntägige Rücktrittsklausel. Die aber dummerweise nur vierzehn Tage gilt, wurde mir nach Frau Krawuttkes ausschweifender Antwort auf meine Frage nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses klar. Also schlug ich ihr vor, bei der T-Com anzurufen und nach dem Fortschritt der Portierung sowie einem Tipp zu fragen.

    Meine Nachbarin war hilflos und ich überredet.

    Warteschleife, später ein netter, kompetenter T-Com-Mensch, der von Amsel-Phone weit und breit noch keine Spur sah, mir riet, Widerspruch einzulegen und das Telefon zurückzuschicken. Ich schrieb den Widerspruch – Unterschrift, eintüten und den Weg zur Post schaffte Frau Krawuttke dann allein.

    Gestern morgen verließ ich wie immer, leicht übermüdet, sekundengenau und auf den allerletzten Drücker das Haus auf dem Weg zur Arbeit. Besser gesagt: Ich wollte es verlassen. Ich weiß nicht wie lange Frau Krawuttke an der Haustür auf mich gewartet hatte. Ich weiß auch nicht, wie lange sie die Wartezeit im Falle eines Urlaubstages meinerseits ausgedehnt hätte. Sie wedelte wieder mit Papier und fragte, ob ich kurz Zeit hätte. Objektiv keine Sekunde, aber subjektiv sagte ich “Ja, was gibt’s?”

    Es handelte sich um zwei Schreiben von Amsel-Phone. Im einen bestätigten sie die Stornierung des Anschlusses und im anderen stellten sie eine aus der Stornierung resultierende “Beratungspauschale” von knapp 70 Euro in Rechnung. Und als wandelnde Hobby-Verbraucherberatung war ich in den Augen meiner Nachbarin vermutlich erneut dafür zuständig.

    Gerade habe ich ein weiteres Mal ein paar Zeilen Widerspruch für Frau Krawuttke verfasst, die diese demnächst hoffentlich selbstständig zur Post transportiert …

    Fortsetzung folgt sicher.

  • Gejagt von Herrn Krawuttke jun.

    Seit nunmehr sieben Jahren lebe ich hier in diesem friedlichen Haus, gemeinsam mit Frau Krawuttke 1 – 5, drei Ringeltauben, zwei Kellerasseln und ein paar weiteren Leuten. Die letzten Jahre verliefen relativ ruhig, wenn man davon absieht, dass mein ISDN- und DSL-Anschluss fast auf Frau Krawuttke übergegangen wäre und sie mir hin und wieder recht ausschweifend und kichernd von ihren Tanztee-Erlebnissen mit dem unvergesslichen Hans-Hubert-Batzen-Sextett erzählt. Ich bin mit meinen fast vierzig Jahren ja der Benjamin unter den zwölf Mietparteien hier und immer ein dankbares Opfer.

    Der nächstjüngere männliche Bewohner ist Mitte Fuffzig, ohne Arbeit und zeichnet sich durch rege Betriebsamkeit aus. So pendelt er ca. zweistündlich zwischen den Polen Ehefrau in der Wohnung (vermutlich abstoßend) und Alkoholreserven im Keller (vermutlich anziehend). Um den abstoßenden Pol ein wenig anziehender zu gestalten legte er sich – nennen wir ihn einfach Herrn Krawuttke jun. – einen Computer zu. Und hier, der geneigte Leser wird es erahnen, komme ich ins Spiel ….

    Ich habe schon Leute erlebt, die ihren PC nur als Schreib- oder Kartenspielmaschine benutzen. Herr Krawuttke jun. schlägt dies um Längen: Er benötigt ihn ausschließlich zum Ausprobieren von Antivirensoftware. Alles begann damit, dass mir hin und wieder eine Frage gestellt wurde, so wir uns zufällig im Treppenhaus trafen. Immer drehte es sich um Programme zur Virenabwehr. Eine neue Qualität wurde erreicht als Herr Krawuttke jun. – nennen wir ihn in der Folge Herr K. – bei mir klingelte und mich an meiner Wohnungstür in ein längeres Gespräch über sein Antivirenhobby verwickelte. Ich bekam gerade Besuch und dieser musste hinter Herrn K. geduldig warten bis dessen antivirale Neugier gestillt war. Meine Hinweise auf Zeitmangel wegen meines Besuches nahm mir Herr K. in seiner toleranten Art nicht krumm und ignorierte sie einfach freundlich.

    Mittlerweile treffen wir uns – bedingt durch seinen dipolaren Bewegungsdrang – täglich ein, zwei Mal auf der Treppe. Er ist quasi permanent im Haus unterwegs und ich frage mich ernstlich, wann der arme Mann die Zeit findet, seine Virenprogramme auszuprobieren. Jedes „Gespräch“ beginnt mit den Worten: „Ah, wo ich Dich gerade treffe …. ich hab da mal eine Frage zum Computer ….“ Die aktuelle Themenwoche startete mit der Frage: „Wenn ich ein neues Antivirenprogramm installieren will, muss ich dann vorher das alte deinstallieren?“, setzte sich fort über „Wenn ich aus einer Zeitschrift ein Antivirenprgramm installieren will, das ein Jahr kostenlos ist, muss ich es dann nach diesem Jahr bezahlen?“ Ab und zu klingelt er nun auch immer bei mir an der Wohnungstür, blöderweise immer außerhalb meiner Computerfragen-Sprechzeiten.

    Mitte der Woche stand ich mit recht schweren Einkaufstaschen vor der Haustür und musste mir den Einlass durch Beantwortung einer weiteren Frage verdienen, Herr K. hatte mich von weitem herannahen gesehen und brav auf mich gewartet: „Ich habe mir im Internet ein Antivirenprogramm heruntergeladen und bekomme nun eine Mail von denen zum aktivieren, wo sehe ich denn diese Mail?“ Ich war etwas ratlos, der Einkauf zerrte an meinen Armen und Herr K. an meinen Nerven und ich erklärte ihm, dass er nach dem Einloggen im Mailkonto auch mal den Spamordner kontrollieren sollte, worauf er fragte: „Wie? Muss ich mich da etwa immer einloggen, wenn ich eine Mail lesen will?? Ich dachte, das wird irgendwo auf meinem Computer angezeigt, wenn da eine kommt!“

    Gestern feierte dann meine Oma, die im selben Haus residiert, Geburtstag und Herr K. klingelte bei ihr um mich zu sprechen. „Ach, ihr feiert wohl Geburtstag? Wer hat denn? – Sag mal, ich hab eine Frage zum Computer. Ich will gerade eine E-Mail an die Computer-Bild schreiben, weil das mit der Anmeldung für das Antivirenprogramm nicht funktioniert hat. Da steht nun oben die Mailadresse der Computer-Bild, muss ich meine Adresse in das Feld darunter eintragen oder was? Da steht CC?“

    Heute morgen kam ich dann fast zu spät zur Arbeit, weil Herr K. im Morgengrauen durch den Hausflur irrte auf der Jagd nach Computerviren und nach mir.

    Fortsetzung folgt sicher.

    (Die geschilderten Begebenheiten entsprechen leider alle der Realität.)